Johann Romefort ist Mitorganisator der daho.am, einer Entwicklerkonferenz, die heute zum dritten Mal in München stattfindet. In diesem Interview erzählt er von seiner bisherigen Laufbahn, seiner Zeit als Startup-Mitgründer bei Seesmic und warum er viele Communitytreffen vorantreibt.
Johann, welche Position hast Du aktuell bei Stylight in München?
Ich bin Tech Evangelist. Meine Aufgabe ist es, Stylight in der Technologiewelt Münchens, in Deutschland und darüber hinaus bekannt zu machen.
Erzähle uns doch ein bisschen von Deiner bisherigen Laufbahn. Wie bist Du an Deinen jetzigen Job gekommen, und welche Stationen hast Du vorher genommen?
Ich arbeite jetzt seit fast 20 Jahren in der IT, angefangen habe ich während der ersten Dotcom-Blase. Erst als Softwareentwickler und Softwarearchitekt, schließlich als Mitgründer und CTO von Seesmic, einem Startup aus San Francisco.
Bei meiner Rückkehr nach Europa setzte ich mir in den Kopf, einen Job auszuüben, den ich vorher noch nie hatte. Eine Tätigkeit mit mehr sozialen Interaktionen, für die ich meine Komfortzone verlassen musste. Und da ich in München zunächst kein Netzwerk hatte, begann ich Meetups zu organisieren, um neue Leute kennen zu lernen. Schließlich landete ich mit einem dieser Treffen bei Stylight und traf diesen coolen Haufen Leute, der dort arbeitet. Ein paar Monate später suchten sie nach einem Tech Evangelist. Ich dachte (und denke noch immer), dass dies ein match made in heaven ist!
Dein Startup Seesmic habt Ihr im Jahr 2012 an Hootsuite verkauft – nach einigen Jahren mit sicher außergewöhnlichen Erfahrungen. Wie hat diese Zeit Dein jetziges (Arbeits-)Leben beeinflusst?
Gründer-Sein verändert definitiv eine ganze Menge. Vermutlich ist es der beste Weg, die eigene Robustheit zu testen. Ein Startup ist eine ständige Achterbahnfahrt, in absolut komprimierter Zeit. Bei Seesmic schafften und durchlebten wir alles: wir sammelten Investorengelder (insgesamt 16 Millionen Dollar), stellten Personal an und entließen es wieder, lachten, weinten und feierten schließlich auch …
Durch diese Erfahrungen weiß ich jetzt, dass ich so gut wie alles kann: ein Team und mich selbst managen, ein Produkt vom ersten Entwurf an entwickeln, nach draußen gehen und mit Menschen reden. Ich mag es, mich selbst aus der Komfortzone zu schubsen, und ich weiß jetzt, dass ich auch die nötige Kraft habe, um dies auszuhalten.
Nach wie vor organisierst Du einige IT-Meetups in München, darunter beispielsweise ein CoderDojo. Was sind Deine Beweggründe, und welche Events möchtest Du den oreillyblog-Lesern ans Herz legen?
Meine Motivation ist ganz simpel: Ich mag Communitybuilding, und das funktioniert gut durch Treffen im Real Life. Mit der Erfahrung San Francisco (und etwas Berlin) in mir empfand ich den gemeinsamen Spirit der Münchner Tech Community noch entwicklungsbedürftig. Und das ist es, was ich zu unterstützen versuche.
Außerdem habe ich mir in meinen Jahren in San Francisco die sogenannte “Pay it forward”-Haltung angeeignet (dazu: 1 | 2). Gutes zu tun zahlt sich immer aus. Deshalb organisiere ich auch jeden ersten Samstag im Monat das CoderDojo – ein Treffen, bei dem wir Kids bei uns im Büro das Coden beibringen. Das ist so sehr bereichernd, und weil ich auch selbst Vater bin, liebe ich es einfach zu sehen, sich Kinder der Technologie nähern.
Welche Events würde ich nun empfehlen? Wer etwas mehr Zeit hat, sollte an einem Hackathon oder Startup Weekend teilnehmen. Hier trifft man immer großartige Menschen zum gemeinsamen Arbeiten. Wer nur ein paar Stunden pro Woche oder Monat opfern kann, sollte sich ein Meetup wählen und versuchen, regelmäßig hinzugehen.
Wir schätzen ja wirklich sehr die Tatsache, dass ITler – die ja oftmals als blasse, sich hinter ihrem Monitor versteckende Mitmenschen karikiert werden – es ganz offensichtlich lieben, sich persönlich zu begegnen. Rund 100 ihrer Events im DACH-Gebiet unterstützen wir jährlich, und das ist gerade einmal ein Bruchteil aller IT-Veranstaltungen. Woher kommt Deiner Meinung nach dieser Wunsch nach Community und Networking, gerade im Real Life?
Ich denke, es ist ein inneres Bedürfnis jedes Menschens – auch den blassen hinter den Bildschirmen – zu interagieren, sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Der durchschnittliche Ingenieur ist vielleicht eher introvertiert. Aber wenn ich Menschen sehe, die sich auf Events inmitten anderer Teilnehmer unwohl fühlen, bin ich immer mit ihnen empathisch. Mir ging es anfangs genauso, ich weiß, wie sich das anfühlt. Daher versuche ich, mich anzunähern und das Eis zu brechen. Und ganz oft passiert etwas Magisches: Diese Menschen haben großartige Dinge zu erzählen. Ich stelle sie dann anderen in der Community vor, und beim nächsten Treffen sind sie weniger zurückhaltend.
Morgen können wir Dich auf der Daho.am – einer Entwicklerkonferenz direkt bei Euch im Stylight-Office – treffen. Kannst Du uns kurz umreißen, wer nach München kommen sollte? Was erwartet die Teilnehmer?
Es ist bereits die dritte Ausgabe unserer jährlichen Konferenz. Wir haben mehr als 400 Teilnehmer, acht Referenten aus Unternehmen wie Amazon, Google, Uber, Spotify, BR .. und sieben parallel laufende Workshops. Wer in der IT arbeitet, sollte kommen – der Tag wird voll spannender Gespräche mit spannenden Menschen sein. Und wie es daho.am (“zu Hause”) ist, gibt es auch einen bayerischen Einschlag mit Lederhose, Weißwurst und kühlem Bier.
Stylight ist eigentlich als Modemagazin bekannt. Was hat Euch dazu bewogen, eine Konferenz zu veranstalten, die sich an Coder richtet?
Gute Frage! Tatsächlich haben wir ein Fashionmag, aber wir sind auch eine Suchmaschine für Stilfragen. Technologie liegt uns im Blut! Was ich von Anfang an Stylight liebte, sind die Begeisterung und die Energie, auch die kleinen Dinge zu feiern. Daho.am ist unser Weg, die Liebe am Coden zu zelebrieren und der Community etwas zurückzugeben, indem man sie hier bei uns zusammenbringt.
Und dann habe ich noch gelesen, dass Du außerdem leidenschaftlich fotografierst und malst. Wann, um Himmels willen, kommst Du noch dazu? Dein Tag hat offensichtlich mehr Stunden als meiner …
Zur Zeit konzentriere ich mich vor allem auf die Fotografie, weil ich das überall ausüben kann. Ich habe gerade eine neue Kamera gekauft, die ich überall mit hinschleppe. Mein Fokus (!) liegt auf Street Photography. Ich liebe es, die vergänglichen Momente und die Emotionen von Menschen einzufangen. Wer neugierig ist, darf auf mein Instragram-Profil schauen: https://www.instagram.com/romefort/
Johann, ich danke Dir für das spannende Gespräch und wünsche eine erfolgreiche Daho.am.
Dankeschön!