Kürzlich feierte der Webmontag Frankfurt sein 100. Jubiläum – eine herausragende Leistung, gerade für eine Veranstaltungsreihe, die von Freiwilligen organisiert wird und zudem, weil ohne Eintrittskosten, niedrigschwellig Zugang zur Frankfurter Digitalszene und Informationen und Wissen rund um das Web, digitale Kultur und Technik bietet. Für das oreillyblog habe ich mit Jürgen Eichholz vom Orgateam des #wmfra (Webmontag Frankfurt) gesprochen.
Jürgen, erst einmal herzlichen Glückwunsch: Mit jetzt 100 Webmontagen dürfte der #wmfra zu den verlässlichsten Eventreihen für Onliner gehören. Wie ist euer Team aufgestellt, und seit wann bist du an Bord?
Wir sind ein loser Zusammenschluss von zehn bis zwölf Personen. Aber meistens nehmen sich nur fünf bis sechs von uns die Zeit, die Veranstaltung zu planen, Sprecher*innen zu kontaktieren, Einladungen zu schreiben und alles mit dem Locationpartner vor Ort abzustimmen. Am Veranstaltungsabend verteilen sich die Aufgaben dann auf einige wichtige Tätigkeiten: Die öfter wechselnde Moderation auf der Bühne, einen Sprecherbetreuer, unseren professionellen Livestreamer Sebastian, unsere beiden Fotografen, einen Social Media Betreuer und ein bis zwei Personen am Eingang, die die Gäste begrüßen und Namensschilder mit dem Vornamen verteilen. Ich stehe meistens lieber am Eingang, weil ich so sehe, wer alles kommt und mich eher auf die Organisation im Vorfeld beschränken kann. Später dann stelle ich mich hinten in die Regie und freue mich über jeden Vortrag, der beim Publikum gut ankommt.
Persönlich habe ich den Webmontag Frankfurt Ende 2007 zum ersten Mal besucht. Im Orga-Team bin ich seit 2013 – irgendwann bleiben die Aufgaben dann immer an denjenigen hängen, die sich darum kümmern 🙂 Wir haben die Orga dann von einem komplizierten Projektmanagement-Tool-Gedöns auf drei Dinge beschränkt: Erstens: ein gemeinsames Planungsdokument online, in das wir alle Vortragsvorschläge und organisatorischen Dinge eintragen. Zweitens: Slack als Backchannel. Und drittens die Erkenntnis, dass man die Dinge selber machen muss, wenn man sie erledigt haben möchte. Bei uns gibt es keinen Antreiber oder Project Owner: Alle kennen die zu erledigenden Aufgaben und beteiligen sich so gut es zeitlich geht. Und genau das ist auch wichtig, denn nur, wenn die Leute leidenschaftlich dabei sind und so freudig zu diesem zweimonatlichen Wissensaustausch beitragen möchten, funktioniert die Veranstaltung eigentlich.
Was treibt dich persönlich an? Was hat dich bewogen, in das Orga-Team einzusteigen?
Meine beiden Vorgänger Darren Cooper und Ali Pasha Foroughi haben mich seinerzeit ins Team geholt und irgendwann kümmert man sich dann um die Dinge, die erledigt werden müssen. Das Format des Webmontags finde ich interessant und sinnvoll. Wir sind keine Pitch-Veranstaltung, bei der die besten Beiträge einen Preis gewinnen. Nein, beim #wmfra sind alle willkommen. Es soll eine Veranstaltung für jung und alt sein, bei der unsere Sprecher*innen leidenschaftlich von ihren Projekten, Vorhaben, Treffen oder einfach nur guten Ideen berichten. Kein Konkurrenzkampf um maximale Aufmerksamkeit und das richtige Wording, sondern ein offenes Miteinander, bei dem wir uns gegenseitig bereichern und mit diesem “ja, war gut”-Gefühl nach Hause gehen sollen. Wenn wir das erreicht haben, war der Abend für uns gut.
Wer kommt zu den Webmontagen in Frankfurt, wie viele Menschen und von welcher Profession?
In den Veranstaltungsraum passen angeblich 200 Teilnehmer, mehr erlaubt der Brandschutz nicht. Das ist dann aber schon so voll, dass mindestens ein Drittel der Gäste stehen muss. In der Regel haben wir so 140 bis 160 Gäste pro Abend, die sich idealerweise alle vorher schriftlich anmelden, so dass wir die Besucherzahl besser abschätzen können.
2015 hatten wir mal eine Umfrage gemacht und nach den Berufen der Gäste gefragt: Es ist wirklich querbeet alles vorhanden, von jung bis alt eine bunte Mischung. Und das ist auch sehr gut so! Anfangs war der Webmontag ein reines Meeting der Webworker, mit Themen rund um die Webseitenprogrammierung und -optimierung. Mittlerweile gibt es zu jedem Nischenthema ein eigenes Meetup, so dass wir unseren Fokus auf Themen rund um die Digitalisierung gelegt haben. Der Montagabend ist ja nun nicht wirklich der attraktivste Abend in der Woche. An so einem Abend ein interessiertes Publikum zu versammeln kann dann schon unabhängig vom Programm eine Herausforderung sein.
Mit der Brotfabrik habt ihr einen langjährigen Location-Partner an eurer Seite. Braucht ihr weitere Unterstützung – von Sponsoren oder Helfer*innen?
Das stimmt, ohne die Unterstützung der Brotfabrik gäbe es den Webmontag Frankfurt nicht. Gerade in einer Stadt wie Frankfurt ist es unheimlich schwer, gute Räume für solche Veranstaltungsformate zu finden und dann auch regelmäßig zu bespielen. Ich empfinde es als große Chance, alle zwei Monate interessanten Themen und Vortragenden eine Bühne bieten zu können. Wir freuen uns immer über Sponsoren, die sich auch gerne länger verpflichten und unsere Werte teilen. Ich erinnere mich auch sehr gerne an die vielen Bücher von O’Reilly, die Darren früher immer an den Webmontagen verlost hat. Daher freue ich mich sehr, dass wir bei unserer nächsten Veranstaltung wieder Bücher aus eurem Verlag verlosen können! (Wir uns auch! – Anm. der oreillyblog-Redaktion)
Wer uns unterstützen möchte, der schreibe uns bitte eine Mail an sponsoring@wmfra.de, melde sich über das Kontaktformular oder spreche uns am Veranstaltungsabend einfach an.
Wir sind übrigens auch gerade dabei, einen Verein zu gründen, für den wir noch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit anstreben. Wir hoffen, dass wir dann auch attraktiver für mögliche Sponsoren oder auch zweckungebundene Spenden sind.
Was muss ich denn tun, wenn ich einen Vortrag halten möchte?
Du musst dich bei uns melden, am besten über das Kontaktformular . Wir schauen uns das dann an und überlegen im Team, ob der Vorschlag irgendwie passt, ob das Thema einen Mehrwert bietet und wo wir den Vortrag thematisch unterbringen können. Manche Abende veranstalten wir nämlich auch als Themenabend, also Vorträge zu einem Thema wie Health 2.0, Mobilität, Social Media oder wie jetzt demnächst im Januar 2020 zum Thema Nachhaltigkeit. Idealerweise brennst du für dein Thema oder bist dir bewusst, dass eine klare Botschaft in Zeiten der Aufmerksamkeitsökonomie schon recht hilfreich ist. Wir achten übrigens auch auf eine Frauenquote und freuen uns immer, wenn sich interessante Sprecherinnen trauen, beim Webmontag Frankfurt von ihren Projekten zu erzählen.
Am 4. November findet der nächste #wmfra statt. Weißt du schon, worum es diesmal geht?
Ja, das Programm habe ich gerade veröffentlicht – und es ist ein bunter Themenmix. Dieses Mal werden wir einen längeren Vortrag über die Highlights aus der europäischen Raumfahrt hören, davor einen Vortrag über sichere Identitäten in der digitalen Welt. Ein Frankfurter Lehrer wird uns über das #EduCamp2020 berichten, das er nach Frankfurt holen konnte. Ein befreundeter Entwickler ist letztes Jahr nach Norwegen gezogen und wird uns etwas über die Techszene in Norwegen erzählen und einige Entwickler*innen vorstellen, denen man online folgen sollte. Und dann wird es noch einen Vortrag über eine kostenlose Alternative zu Meetup geben, weil es da gerade einen Bedarf nach Alternativen gibt. Das vollständige Programm und die Anmeldung findet ihr hier.
Jürgen, ich danke dir – das klingt auf jeden Fall sehr vielseitig! Viel Erfolg bei der #101 und auch bei allen folgenden Webmontagen.