Am vergangenen Freitag haben wir keine Manuskripte gelesen. Keine Druckfahnen durchforstet, keine Papierproben bestellt, keine Buchhändler besucht. Auch keine Flyer und Kulis beauftragt.
Am Freitag waren wir nur bummeln. Bei allerbestem Wetter, in einer Stadt mit Historie, hohem Buchbezug und wirklich wunderbaren Restaurants. Alle dpunkte/O’Reillys waren eingeladen, gemeinsam einen Tag in Frankfurt zu verbringen. Zum Auftakt trafen wir uns am Römer, um eine 90minütige Stadtführung zu starten.
Nun hängen Führungen immer sehr davon ab, was genau erzählt und gefragt wird. Sind es Jahreszahlen und Faktenwissen? Beobachtungen und Stimmungen über die Menschen, die dort leben? Meinungen zu Stadtpolitik und -entwicklungen? An dieser Stelle daher, solltet Ihr jemals über eine Stadtführung in Frankfurt nachdenken, kommt hier schon die erste Empfehlung: Unser Guide war nicht nur sehr bewandert im Spannungsfeld Kunstgeschichte und Kommunalpolitik, er war auch sehr unterhaltsam und hatte Rückgrat. Hier sprach ein Mann, der seine Stadt ganz offensichtlich sehr mag, ohne sie unkritisch zu sehen. (Wir geben seine Kontaktdaten auf Anfrage weiter ;).)
In der Paulskirche atmeten wir zwei Tage vor der Bundestagswahl noch einmal richtig Demokratie und lernten beispielsweise, dass die Fraktionen der Frankfurter Nationalversammlung sich mangels Nebenräumen in umliegenden Kneipen trafen und deshalb auch nach diesen Kneipen benannt waren.
Wir spazierten durch die Neue Altstadt, an Rekonstruktionen und Architektenhäusern vorbei, deren Quadratmeterpreis bei 10.000 € liegt. Und fanden uns urplötzlich in einem Hinterhof wieder, im 50er Jahre-Miethaus-Idyll mit Kinderspielplatz und einem Mietpreis von 6 € pro Quadratmeter, mitten in der City. Wir passierten das Historische Museum, beguckten vom Eisernen Steg aus die Hochhaus-Skyline und genossen das Grün im Metzlerpark. Unser Streifzug endete schließlich bei Ebbelwoi und Grüner Sauce im Gemalten Haus.
Dort machten wir das, was Verlagsleute so tun, während des Essens: Diskutieren, ob englisch-deutsch zusammengesetzte Wörter nun mit oder ohne Bindestriche besser lesbar sind. Überlegen, wer zu den nächsten Konferenzen gehen sollte. Darüber freuen, dass Buchprojekte mit zwölf Einzelautoren gerade erfolgreich aus der Druckerei kommen. Und so 😉
Kollegin Julia, die den Tag geplant hatte, rief schließlich zum Aufbruch – das Museum für Kommunikation wartete auf uns. Auch hier gab es eine Führung und noch mehr Zeit zum Reden. Genauso wie beim anschließenden Main-Spaziergang und beim Abendessen im Oosten.
Wir hatten einen wunderbaren Freitag zusammen, mit tollen Gesprächen und bleibenden Eindrücken. Wie einem eine Stadt begegnet, hängt ja auch immer von etwas so banalem wie dem Wetter ab – und auch da verwöhnte uns das Sonnenglück.
Jede(r) von uns war vorher schon in Frankfurt, zur Buchmesse, zu Konferenzen, um Buchhandlungen zu besuchen. Aber niemals mit genügend Zeit, wortwörtlich hinter die Fassaden zu blicken und all jene Widersprüchlichkeiten zwischen EZB-Glastürmen und mittelalterlichem Fachwerk, zwischen Apfelweintraditionen und dem Weltfinanzmarkt zur entdecken. Ich glaube, wir alle haben Frankfurt an diesem Tag ein bisschen lieb gewonnen. Den besonderen Charakter dieser Stadt kennengelernt in jedem Fall. Nächster Termin ist dann: Buchmesse!
Ein großes Danke an die KollegInnen, die an Idee und Organisation beteiligt waren. <3