Einige Tage vor Beginn der Berliner Maker Faire 2019 hatte ich Gelegenheit, eine Ausstellung der Maker-Bücher von dpunkt und O’Reilly in der Schiller-Bibliothek zu besuchen. Vorab hatten wir dieser Bibliothek in Berlin-Mitte eine größere Auswahl an Maker-Büchern zur Verfügung gestellt, weil uns das Konzept und das Engagement der Schiller-Bibliothek überzeugte.
Katharina Glase, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, und Karin Liebertz, stellvertretende Bibliotheksleiterin, waren so freundlich, mir etwas von ihrer Zeit zu opfern, um mir von den Maker-Aktivitäten in der Schiller-Bibliothek zu erzählen.
Die Schiller-Bibliothek gehört zu den Standorten der Stadtbibliothek Berlin-Mitte. Sie liegt im Bezirk Wedding verkehrstechnisch sehr günstig nahe der U-Bahn-Haltestelle am Leopoldsplatz in einem modernen Neubau gleich neben dem Rathaus Wedding. Und wie alle Standorte hat auch die Schiller-Bibliothek einen eigenen Schwerpunkt, in ihrem Fall der Jugendbereich. Daher gehören zu den angebotenen Medien eine große Anzahl an Jugendbüchern, aber auch Comics, PC- und Konsolenspiele, Blu-Rays und – natürlich für mich besonders interessant – seit 2016 ein Makerspace.
Dieses Makerlabor ist u.a. ausgestattet mit 16 mbot-Autos, Indoor-Drohnen, einem 3D-Drucker und einem Laser-Plotter, der in Workshops zum Textildruck zum Einsatz kommt. Jede Woche finden Workshops statt, die bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen im Stadtteil sehr beliebt sind, zumal die Bibliothek ihr Möglichstes versucht, die Angebote kostenlos zu gestalten, denn der Wedding gehört nicht gerade zu den wohlhabenden Stadtteilen Berlins. Aus diesem Grund war es auch so wichtig für die Schiller-Bibliothek, Fördermittel von der Stadt Berlin, aber auch von europäischen Fonds für regionale Entwicklung zu erhalten. Diese Fördermittel waren zwar Ende 2018 abgelaufen, werden aber erfreulicherweise in diesem Jahr wieder fließen.
Begonnen hat der Makerspace mit dem 3D-Druck, dem 2016 noch der spektakuläre Hauch von Science-Fiction anhaftete. Hier waren für Karin Liebertz zunächst die Fragen zu klären, welches Gerät angeschafft, welches Filament genutzt werden sollte. Sie hat sich nach längerer Recherche für den Makerbot Replicator 2 entschieden. Als Filament setzt sie PLA ein, ein Filament auf der Basis von Maisstärke, das eine gewisse Nachhaltigkeit verspricht und auch der fehlenden Abluftanlage des Makerspace Rechnung trägt, da es ungiftig ist – und schließlich wollte die Schiller-Bibliothek auch nicht zum wachsenden Problem des Plastikmülls beitragen.
Die Modelle für den 3D-Druck beschafft sich die Bibliothek über thingiverse.com, einer Website, die eine sehr große Anzahl von freien und kostenlosen Modellen bereithält, von Pokemonfiguren bis hin zu Fingerhüten in Übergrößen. Die Erstellung von eigenen 3D-Modellen mit CAD-Software kann die Schiller-Bibliothek noch nicht anbieten – aber vielleicht tut sich da was in der näheren Zukunft, wir konnten einen vielversprechenden Kontakt vermitteln … stay tuned! Fertige Modelle aus dem Internet umzusetzen, hat zudem den Vorteil, dass die Aufmerksamkeitsspanne von Kindern nicht übermäßig strapaziert wird. Diese pädagogische Perspektive muss die Bibliothek immer berücksichtigen, es nützt halt nichts, die filigransten Hype-Objekte anzubieten, wenn der Ausdruck dann über mehrere Stunden geht. Bei einer Teilnehmerzahl pro Workshop von sechs bis sieben Jugendlichen wäre dies schlicht nicht zu schaffen.
Auch ein mbot-Auto-Workshop ist im Angebot. Hier werden die Autos nicht nur zusammengebaut, sondern auch über die Programmiersprache Scratch in den basalen Funktionen programmiert.
Beim Drohnen-Workshop musste leider auf Outdoor-Drohnen verzichtet werden, der Flughafen Tegel liegt schließlich in der unmittelbaren Nachbarschaft und überhaupt gilt praktisch für das gesamte Berliner Stadtgebiet Drohnensperre. Die robusten Schaumstoff-ummantelten Indoor-Modelle werden in den Workshops über einen eigens von der Bibliothek entwickelten Parcours mit mehr oder weniger Geschick via Tablet geflogen. Auch hier ist der Bibliothek der pädagogische Aspekt, Erfolgserlebnisse zu vermitteln, wichtiger als professionellen Flugzeugmechaniker-Nachwuchs auszubilden.
Selbst erleben konnte ich den Workshop zum Textildruck. Mit einem Laser-Plotter haben wir Textilfolien, die entweder selbst entworfen oder fertig von einschlägigen Websites übernommen wurden, geschnitten und dann mit einer Thermopresse auf T-Shirts aufgedruckt.
Und hier die XY-Variante des Textildrucks:
Neben T-Shirts können auch Taschen bedruckt werden. Auch dieses Angebot ist übrigens für die Teilnehmer völlig kostenlos, selbst die T-Shirts und Taschen werden von der Bibliothek aus Mitteln der Europäischen Union gestellt. Diese Workshops, geleitet von der Druckvorlagenherstellerin Simone Prieß, sind besonders begehrt – und zwar von Kindern und Erwachsenen beiderlei Geschlechts, während die zwei vorhergehenden, mehr technisch orientierten Workshops zu Drohnenfliegen und mbot-Autos jedoch mehr Jungen als Mädchen anziehen.
Ich habe den Nachmittag in der Schiller-Bibliothek sehr genossen. Der Eifer und die Begeisterung der Kinder beim Erstellen ihrer Shirts waren beeindruckend. Wäre ich doch nur Berliner! Ich würde sofort einen Benutzerausweis beantragen!
P.S.: Die Schiller-Bibliothek in Berlin ist die zweite öffentliche Bücherei mit MakerSpace, die wir besuchen durften. Rheinländer sollten mal einen Blick in die Stadtbibliothek Köln werfen, hier steht unser Bericht dazu.