Hack: Schimmel vermeiden

Unser Buch “SmartHome Hacks” zeigt Euch, wie Ihr mit Hausautomationssystemen individuelle bedarfsgerechte Lösungen entwickelt. Die Hacks sind in vier Schwierigkeitsstufen kategorisiert (eine Pepperoni: leichter Hack, vier Pepperoni: herausfordernder Hack) und eignen sich für das Reihenhausparadies genauso wie für den Selbstversorgerbauernhof, die Studentenbude oder das moderne Palästchen.

Auszug aus “SmartHome Hacks”, Teil 1/3

Drei Hacks veröffentlichen wir hier im oreillyblog. Den Anfang macht “Vermeidung von Schimmel” aus Kapitel 4: Hacks zur Messung von Umweltdaten. Viel Spaß damit!

2pepUnsere Atemluft enthält Bakterien und Schimmelsporen, die wir mit jedem Atemzug einatmen. Genauer gesagt sind es etwa 1000 “koloniebildende Einheiten” von Schimmelsporen in jedem Kubikmeter. Das ist im Normalfall weder gefährlich noch ungewöhnlich – denn es ist bereits seit Hunderten von Millionen von Jahren Bestandteil der Ökosphäre. Neueste Erkenntnisse (aus dem Jahr 2015) lassen sogar vermuten, dass im Zentrum jeder einzelnen Schneeflocke ein Bakterium als Kondensationskeim dient. Obwohl Hersteller von Desinfektionsmitteln und so genannte Baubiologen uns etwas anderes glauben machen wollen, wird unser Körper mit diesen Eindringlingen normalerweise sehr gut fertig. Das gilt übrigens auch für so unangenehme Zeitgenossen wie die Legionellen, denen wir im nächsten Kapitel begegnen werden.

Lediglich bei massenhaftem Auftreten von Sporen und Bakterien kann eine Gesundheitsgefahr entstehen, und bestimmte Schimmelarten sind wegen der krebserregenden Wirkung ihrer Gifte geradezu Furcht erregend. Kurz gesagt: Wir sollten in unserem eigenen Interesse Schimmel im Wohnbereich vermeiden. Aber weder ein Schimmelfleck an der Tapete noch das verschimmelte Brot in der Küche sind ein Anlass zur Panik.

Schimmelsporen benötigen zum Keimen Feuchtigkeit, und zwar nicht als Wasserdampf in der Luft, sondern kondensiert zu Tröpfchen. Darum schimmelt feuchtes Brot, Knäckebrot hingegen nicht. Wollen wir vermeiden, dass sich Schimmelflecken an den Wänden bilden, müssen wir also wissen, wie kalt sie höchstens werden dürfen, ohne dass an ihnen Wasser kondensiert. Diese Temperatur ist der so genannte Taupunkt.

Eine direkte Messung des Taupunktes erfolgt, indem ein Metallspiegel so lange abgekühlt wird, bis auf seiner Oberfläche Tröpfchen kondensieren. Indirekt kann der Taupunkt bestimmt werden, indem

  • in der Raumluft die Temperatur und die relative Feuchte gemessen werden,
  • daraus die absolute Feuchte errechnet wird und
  • damit diejenige Temperatur bestimmt wird, bei welcher diese absolute Feuchte einer relativen Feuchte von 100 % entspricht, mithin also Kondensation einsetzt.

Taupunkttemperatur

[Die untenstehende] Abbildung 4–14 zeigt diese Taupunkttemperatur in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte in Prozent und der Lufttemperatur in °C. Man kann ihr z.B. entnehmen, dass bei einer Lufttemperatur von 18°C (die wir im Winter vielleicht im Keller messen) und bei einer relativen Feuchte von 60 % in der Raumluft der Taupunkt bei ca. 10°C liegt. Wird die Kellerwand kälter, kondensiert dort das Wasser. Tatsächlich aber haben bestimmte Schimmelarten schon ab etwa 80 % relativer Feuchte die Möglichkeit zum Keimen. Um Schimmel sicher zu vermeiden, dürfen wir also die Wandtemperatur nicht unterschreiten, bei welcher diese 80 % relativer Feuchte erreicht werden. Dieser “Schimmelpunkt”, fachsprachlich als TF80 bezeichnet, ist in Abbildung 4–15 dargestellt.

Zum Vergleich: Bei einer Lufttemperatur von 18°C und einer relativen Feuchte von 60 % in der Raumluft ist TF80 13,5°C – und das liegt deutlich über der Taupunkttemperatur. Wer weitere Einzelwerte ablesen möchte, sei entweder auf einen entsprechenden Online-Rechner verwiesen, http://www.tf80.de/, oder möge die Formel aus dem Kasten verwenden.

Mit wenigen Zeilen, hier wiederum in Pseudocode, lässt sich dies auch in eine beliebige Programmiersprache gießen, dabei seien

c1=17.62
c2=243.12
l1=log(h)
l2=log(h/0.8)
d1=c1/(c2+theta)
d2=c3*d1
d1=t*d1
tau=(d1+l1)/(d2-l1)
tf80=(d1+l2)/(d2-l2)

Wie können wir das jetzt in das SmartHome-System einbinden? Wir brauchen dazu eine Zentrale, in der wir die obige Funktion zur Berechnung des Taupunktes und des Wertes TF80 programmieren können. Eingabewerte können die Lufttemperatur und die relative Feuchte sein – oder gleich ein dritter Messwert, nämlich die Wandtemperatur. Auf den Vergleich von TF80 und der Wandtemperatur kann dann ein Trigger gesetzt werden, der z.B. eine Alarmmeldung auslöst.

Abbildung 4–14: Taupunkttemperatur bei verschiedenen Lufttemperaturen in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte (rechts)

 

Abbildung 4–15: Beginn der Schimmelgefahr: Wandtemperatur TF80 bei verschiedenen Lufttemperaturen in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte (rechts)
Abbildung 4–15: Beginn der Schimmelgefahr: Wandtemperatur TF80 bei verschiedenen Lufttemperaturen in Abhängigkeit von der relativen Luftfeuchte (rechts)

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